Was ist ein gelungenes Leben?

Wie finden wir heraus, worauf es im Leben wirklich ankommt? Was sind die wirklich wichtigen Dinge im Leben? Wofür wird es sich gelohnt haben, irgendwann am Ende des Lebens, auf dieser Welt gewesen zu sein, sich eingebracht zu haben? Geht es um Prioritätensetzung oder Zielsetzungen? Was können wir wissen, bevor wir uns entscheiden? Wie funktioniert ein gelungenes Leben? Und was macht das Ganze zu einem gelungenen Leben?

Ich denke, die Beschäftigung mit diesem essentiellen Thema lohnt und hält uns lebendig, so dass wir am Ende des Lebens nicht allzu viel bereuen oder bedauern müssen. Und vor allem, damit wir für Lebensqualität bis zuletzt sorgen.

Kennst du deine Zutaten zu einem gelungenen Leben?

Sind deine Zutaten etwas ganz Bestimmtes, Konkretes wie eine Weltreise, glückliche, starke Kinder groß zu ziehen, oder etwas recht Unbestimmtes wie das Wahre, das Gute und das Schöne, wie die alten Griechen schon sagten? Und was heißt das für dich?

Heißt es, etwas verstehen zu wollen, einen Menschen, sich selbst und/oder die Welt verstehen zu wollen? Ist es für dich Gerechtigkeit und Solidarität, Helfen und das Nachdenken darüber, was überhaupt das Gute sei? Ist das Schöne für dich Sinnlichkeit, das Genießen usw. Ist all das etwas Wichtiges für dich oder ganz etwas anderes?

Geht es darum, Ziele zu erreichen und abzuhaken?

Oder geht es dir um etwas wie „Ein besserer Mensch werden“ – was auch immer das heißt -, was ja bis ans Lebensende ein Projekt bleibt. Kann so etwas wie das Leben zu planen, etwas zu erreichen und auf der to-do-Liste abzuhaken überhaupt gelingen? Oder ist dieser Gedanke eher irritierend für dich? Sind die wirklich wichtigen Dinge im Leben eben genau nicht solche, die man erreichen und erledigen kann, wie z.B. gelingende Beziehungen, Freundschaften, Familie oder das Aufgehoben sein in etwas größerem Ganzen? All diese Dinge kann ich nicht herbeizwingen. Aber ich kann mich für sie öffnen und dem Raum geben, das wäre zumindest meine Idee dazu.

Braucht ein gelungenes Leben einen ‚Lebensplan‘?

Braucht es für ein autonomes, selbstbestimmtes Leben eine vorausschauende Planung? Ich denke, das Leben braucht so etwas wie ein Gefäß, und damit meine ich Werte und eine Haltung. Auch ich war lange Zeit meines Lebens sehr zielorientiert unterwegs, wollte etwas bestimmtes erreichen, wie eine gut gehende Praxis, Selbständigkeit, einen Ausbildungsbetrieb, aber auch eine glückliche Beziehung und Kinder, eine eigene Familie. Nur manches davon habe ich realisieren können.

Das Kreuz mit den Zielen

Eines der Probleme mit den Plänen und Zielen ist für mich, dass man sich etwas Konkretes vorstellt, was man erreichen will. Und dann erreicht man das womöglich und merkt, dass man durch das Erreichen eine andere Person wurde, die das vielleicht gar nicht mehr mag. Ein Beispiel könnte sein, dass ich mir vorstelle Mutter zu sein, und dann bin ich es, und finde es gar nicht mehr schön oder erstrebenswert. Stattdessen werde ich z.B. Ärztin für Ärzte ohne Grenzen und das füllt mich ganz aus und erfüllt mich. Plötzlich erlebe und erfahre ich mich selbst ganz anders und bin froh, kinderlos geblieben zu sein, um in Krisenregionen helfen zu können. Ggf. empfinde ich mein Leben als gelungen.

Ich glaube, um herauszufinden, wer man ist und was einem wichtig ist im Leben, müssen wir alle Erfahrungen machen. Ich kann nicht am Schreibtisch sitzenbleiben und Pläne für die nächsten Lebensjahrzehnte schmieden, und vor allem, was mir in dieser langen Zeit wichtig sein soll. Ich meine, wir müssen offen bleiben für nicht weniger als ‚Identitätswandel‘. Und ist es nicht auch fragwürdig, wie man etwas für einen langen Lebensabschnitt rational entscheiden will, wie man planvoll vorgehen sollte, um als rationale/r Entscheider*in durch das Leben zu gehen? Leitet uns das nicht fehl, denn egal wie ich mich zwischen zwei Wegen entscheide, ich kenne ja die andere Option gar nicht in ihrer Erfahrung? Sprich, ich kenne mich nicht auf diesem anderen Weg.

Ist ein gelungenes Leben nicht ein Sprung ins Wagnis, Risiko, Vertrauen, ob ich will oder nicht? Und auch das Wagnis der Lust, mich immer wieder neu zu entdecken, offen zu sein und zu bleiben für das, was ich nicht entschieden habe, sondern auch das, was mir das Leben serviert.

Wie finde ich es nun heraus, was mir wichtig ist und ein gelungenes Leben darstellt?

Eine schöne Idee ist in meinen Augen die Überlegung, was ich als Sterbende womöglich bereuen oder bedauern könnte. Ein für mich wichtiges Gedankenexperiment: Ich liege auf dem Sterbebett und schaue zurück. Was würde ich bereuen oder bedauern? Ich meine, diese Frage verortet mich und macht mir bewusst, dass wir alle sterblich sind und dass es gilt, jetzt zu leben und Verantwortung zu übernehmen für die eigenen Wege und Entscheidungen.

Interessanterweise höre ich als Sterbebegleiterin oft, dass Menschen bereuen, zu viel gearbeitet zu haben, zu wenig Zeit für Beziehungen und Freundschaften und sich selbst gehabt zu haben, zu wenig Mut gehabt zu haben, um Gefühle zu leben und zu teilen. Gleichzeitig ist mir allerdings die These, dass man alles das bereuen wird, was man nicht gemacht oder erlebt hat, zu kurz gesprungen. Denn es werden immer eine Vielzahl von Dingen und Aktivitäten am Ende des Lebens übrigbleiben, die nicht stattgefunden haben.

Bereuen wir nicht immer irgendetwas?

Und bedauern wir vielleicht dann umso mehr, je interessanter und voller von Interessen das Leben war, je mehr Wahlmöglichkeiten wir im Leben hatten? Sind Bereuen und Bedauern immer das Gegenteil von Entscheiden? Obwohl wir uns doch ständig bewusst sein müssen, dass wir nie alles machen können. Ist also das Bedauern ein dem Leben angemessenes Gefühl und der Normalfall? Macht es also keinen Sinn, Angst vor dem Bedauern zu haben, denn dann entscheidet man womöglich nie?

Ein gelungenes Leben im Paradies

Da könnte ich mich fragen: Leben nicht so manche Menschen in unserer westlichen Welt im Überfluss, im ‚Paradies‘, in dem es ihnen so arg schwerfällt, sich für einen Schritt zu entscheiden? Sie entscheiden sich nicht und treffen keine Wahl, und verhungern damit (innerlich) durch die Angst, die falsche Entscheidung zu treffen. Oder auch die Angst etwas zu verpassen. Das ist ja sowieso in einer Gesellschaft mit scheinbar unendlichen Optionen der Normalzustand.

Aber ich kann mich immer entscheiden, mich dem Hier und Jetzt gerade hinzugeben. Ist das nicht ein wichtiges Lebenselixier? D.h. mich konzentrieren auf wenige gewisse Dinge, da nicht alles in meinem Leben Platz haben kann. Und schlussendlich ist alles eine Entscheidung, auch die Freiheit, die Möglichkeit des Nichtentscheidens. Man kann immer warten und im Reichtum nicht wählen, nicht vorangehen, nicht zugreifen. Entziehe ich mich damit nicht einer wichtigen Verantwortung?

Wie lange lebe ich überhaupt?

Und: Wann macht man welche Dinge und wie dosiert man sie auf das Leben? Ich denke, auch dies sind Punkte, die mich im Angesicht des Todes beschäftigen könnten. Was soll ich also bedauern oder bereuen am Ende des Tages? Mich führt diese Frage zu der großartigen Demutserfahrung. Ich bin endlich. Das Leben ist endlich. Ich muss vieles verabschieden, irgendwann loslassen. Somit gehört auch die Trauer zum Leben wie das Bedauern. Die Trauer, dass etwas zu Ende geht, dass ich jemanden verabschieden muss, dass mir bestimmte Dinge (nicht mehr) möglich sind.

Warten bis mir ein Schicksalsschlag passiert und für mich entscheidet?

Grenzsituationen und Krisen sind, glaube ich, sehr wichtig in unserer aller Leben. Sie werfen ein klärendes Licht auf das ganze bisher gelebte Leben. Dann kommen wir mit unserem Verstand an eine Grenze und wir erleben die nächsten Tage und Wochen anders. Vielleicht erleben wir diese Lebenszeiten authentischer und irgendwie angemessener, was immer das für den Einzelnen heißen mag. Dann ist es uns nicht mehr vergönnt zu bewahren, zu kultivieren und das ist die eigentliche schwierige Herausforderung.

Für wen oder was lebe ich?

Mache ich den nächsten Schritt, treffe ich eine Entscheidung eigentlich für mich oder andere, oder für Anerkennung, Erfolg, im Spiegel der Außenwelt? Mache ich es dafür, dass mein Bild von mir selbst, an dem ich vielleicht mein Leben lang gebastelt habe, aufrechterhalten bleibt bis an mein Lebensende? Was soll denn auf meinem Grabstein stehen? Wie will ich als Mensch in Erinnerung bleiben? Was soll bleiben von mir?

Ist für mich der Prozess des Lebens befriedigend und wertvoll oder nur das Produkt, das Bild das bleibt? Was für ein Mensch will ich sein?

Fazit: Wir müssen uns unseren Ängsten und Dämonen stellen

Wenn ich Angst habe unter der Brücke zu enden und dort schlafen zu müssen, dann sollte ich es vielleicht einmal machen, es erleben. Da sind wir wie die Tiere, denke ich, wir müssen etwas erleben, um es wirklich verstehen zu können.

Ich kann mich noch gut an eine schwierigen Lebensphase erinnern, in der ich dachte, meine ganze berufliche Existenz stehe vor dem Scheitern und ich würde unter der Brücke enden. In der Situation damals habe ich genau diesen Gedanken zugelassen (nein, ich habe mich nicht unter eine Brücke gelegt). Ich habe mir, wie in einer Hypnose oder Traumreise, vorgestellt, wie es jetzt wäre, alles zu verlieren und dort in einem Schlafsack zu liegen. Ich habe es geistig, körperlich, emotional, mit allen Sinnen zugelassen, diese Vorstellung und Angst.

Was passierte, war magisch: Ich lag auf meiner inneren Reise dort unter der Brücke, habe den Wind und die Kälte gespürt, die wenigen Dinge gesehen, die mir noch gehörten, und spürte und erlebte das, was von mir übriggeblieben war. Mein Ruf war ruiniert, ein Zurück ins alte Leben nicht mehr möglich. Und dann…

…überkam mich eine unbeschreibliche Welle der Erleichterung, der Befreiung, ja geradezu eine schräge Art von Dankbarkeit für diese Erfahrung! Alles war so wohltuend reduziert auf das Wesentliche, alle finanzielle Verantwortung, der ganze Druck der to-do-Listen fiel von mir ab. Und mir wurde klar, was für mich das Wesentliche war. Das essentielle, einfache Leben im Sinne einer Entrümpelung so vieler Dinge, Verpflichtungen und selbstgemachter Verantwortlichkeiten in meinem aktuellen Leben.

Zum Wesentlichen gehörten für mich auch die lieben Menschen, meine Freundinnen und Freunde, meine Familie, die mich nicht verurteilen würden für das, was das Leben mit mir gemacht hatte. Und sie würden mich nicht unter der Brücke schlafen lassen, sondern zumindest auf einer Matratze oder auf dem Sofa in ihrer Wohnung, in der Wärme. Ich stellte mir vor, wie mein Leben ‚entrümpelt‘ weitergehen würde. Und kam ganz von selbst auf das, was mir wirklich wichtig ist, was für mich ein gelungenes Leben ausmacht.

Wahrscheinlich gibt es mir auch deshalb so viel, sterbende Menschen auf ihren letzten Wegen zu begleiten und ihnen Lebensqualität zu ermöglichen, wie immer diese auch eingeschränkt sein mag. Immer wieder mache ich auch bei diesem Personenkreis die Erfahrung, dass es auf den Mut und die innere Haltung ankommt. Auf eine innere Akzeptanz, ein JA zum Hier und Jetzt, ein JA, UND… was mache ich jetzt daraus und wo, von wem hole ich mir Unterstützung. Für diese Öffnung und diesen Sprung ins Hier und Jetzt am Ende des Lebens muss sich niemand schämen. Denn es erwartet uns alle, eines Tages, und wer weiß schon, was danach kommt…

Wann aussteigen aus dem Hamsterrad?

Kämpfen wir nicht alle mit den gleichen Dingen? Das Leben ist nicht einfach und ein ständiges Sich- Durchwursteln, eben ups-and-downs. Spannend finde ich auch, was Menschen in einer Krise sagen. Man hat schon viel erlebt und erreicht, was man wollte. Und jetzt? Ist es das schon gewesen? Das Gefühl von Vorwärtskommen und Dingen Raum geben scheint wichtig, und gleichzeitig kommt vielleicht ein Gefühl des Hetzens und eines Hamsterrads auf. Wir haben uns viele Wünsche bereits erfüllt und schließlich bleibt nur eine Leere zurück. Und dann braucht man einen neuen Wunsch, der einen antreibt.

Der richtige Blick für ein gelungenes Leben

Braucht es also einen anderen Blick auf das Leben anstelle dieses horizontalen auch einen vertikalen Blick hinein in die Vertiefung? Das bedeutet für mich, mich nach Möglichkeit so oft und tief wie möglich einlassen in den einzelnen Moment gerade jetzt, unabhängig von der Situation. Ja, das ist eine buddhistische Einsicht und ein Meditationsplädoyer: Vertiefe dich in jeden einzelnen Augenblick! Lass dich ein! Jetzt!

Und doch glaube ich, es braucht beides. Den Fokus auf das Jetzt und den Blick auf den großen Bogen des eigenen Lebens, der eigenen Werten und meiner Haltung. Jederzeit, in jedem Augenblick, einfach jetzt!

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