Nett sein – und seine Folgen

Verschaffe dir privat wie beruflich Respekt und Achtung

Kennst du das allzu gut? Du gehst auf andere offen und freundlich zu, willst nett sein, doch dir schlägt unerwartet Härte und Berechnung entgegen? Deine Freundlichkeit wird immer wieder ausgenutzt, indem die im Team zu verteilenden und ungeliebten Aufgaben meist bei dir landen? Du fragst dich, warum dein nett sein wollen ausgebeutet wird und du dich nicht ernst genommen fühlst? Dann lies diesen Artikel. Ich gebe dir hier ein paar Tipps, wie du dieser Falle entkommst.

Solltest du immer nett sein ?

Heutzutage wird uns im Übermaß von der Werbung und vielen anderen Kanälen weiß gemacht, dass nett sein weiterführt, dich beliebt und sogar attraktiv macht. Aber stimmt das? Besonders Personen in Dienstleistungen mit direktem Kundenkontakt wird oft abverlangt, zu jedem Kunden, zu jeder Kundin freundlich, offen und nett zu sein. Ja, den Anschein zu erwecken, dass man ihm oder ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen möchten alla How can I help you?  Wohin führt das, wenn du immer nur lächelst, nickst und scheinbar offen für alle äußeren Bedürfnisse bist? Leider wird diese Haltung oft bestraft. Auch wenn du es ehrlich meinst.

Immer nett sein kostet Beliebtheit

Dazu gibt es bereits Studien. Und hier erwarten dich auch die Gründe dafür. Interessanterweise hat eine amerikanische Studie gezeigt, dass besonders nette und freundliche Menschen in einer Gruppe als nicht so beliebt wahrgenommen werden, sondern eher neben den unsympathischen Personen rangieren. Warum reagieren andere nicht nur positiv auf Nettigkeit und Freundlichkeit? Nun, Menschen reagieren nicht selten sehr empfindlich darauf, wenn andere den Anschein machen, sich beliebt machen wollen. Und sie fragen sich nach der Strategie, der Motivation dahinter. Will er oder sie mich zu irgendetwas bewegen oder gar manipulieren? Dann werden die Netten mit mangelndem Respekt abgestraft.

Warum trägt nett sein weniger zu Erfolg bei?

Fragst du dich manchmal, warum jemand anderes die Beförderung vor dir erfahren hat, obwohl derjenige nun wirklich nicht nett ist? Oder warum tue ich anderen so gerne diesen oder jenen Gefallen, sie mir im Gegenzug aber nicht? Warum sind andere nicht auch nett zu mir, obwohl ich ihnen doch nett und freundlich begegnet bin? Wieso werde ich dafür noch abgestraft?

Hier die Gründe aus der Studie…

Was bedeutet das? Nun, du wirst taxiert und eingeschätzt: Kann ich es mit ihr oder ihm machen? Besonders gilt dies natürlich für Menschen mit bestimmten Persönlichkeitsstrukturen wie Narzissten oder versteckt aggressiven, neidischen Menschen, die sich ihrerseits oft nicht gut abgrenzen können. Aber nicht nur diese checken dich ab. Denn was macht es denn mit dem Gegenüber, wenn er oder sie immer nur Freundlichkeit, Offenheit, Neugier und Wohlwollen erfährt?

Die weniger Netten befürchten, im Vergleich zu dir weniger gut anzukommen und abzuschneiden:

  • weil du dich mit Mehrarbeit und allzeit Bereitschaft in einen Vorteil beim Chef oder bei Freunden bringen willst. Das wird als Regelbruch empfunden, der dann in der Zukunft auch von den weniger Netten als normal eingefordert werden könnte. Und ihm oder ihr fällt es immer schwerer, verbindliche und sinnvolle Regeln durchzusetzen, da sie durch dein Verhalten aufgeweicht wurden…
  • weil du vielleicht als permanent verfügbarer Unterstützer oder Kreditgeber eine besondere Rolle beim Gegenüber anstrebst. Und wenn der weniger Nette da nicht mitzieht, fühlt er sich gezwungen, sich schlecht zu fühlen, oder zumindest unter Zugzwang…
  • Als Netter wirst du oft als zwischenmenschlicher Streber empfunden und ausgegrenzt…
  • Weniger nette Menschen misstrauen deinen positiven Motiven als bedingungsloser Netter. Willst du wohlmöglich mit deiner Nettigkeit ein egoistisches, verstecktes Ziel erreichen? Andere ausspielen und schlechter dastehen lassen? Und: Was bildest du dir ein, dich zum Regelbrecher aufzuschwingen? Wer hat dir dafür ein ok gegeben? Woher nimmst du diese Dreistigkeit?…
  • Oder: Wenn du dich immer wieder als beste Freundin ausnutzen lässt, dann doch sicher mit einem Hintergedanken? Willst du die Wichtigste, Kompetenteste oder Unersätzliche beim Gegenüber sein?

Ja klar, du magst es wirklich ehrlich und authentisch nett zu meinen, aber die weniger Netten laden ganz automatisch ihre Projektionen auf dir ab. Denn sie würden sich nicht so ausnutzen lassen, oder nur, wenn es IHNEN einen Vorteil bringt. Deshalb unterstellen sie dir genau dieses Ansinnen.

Du wirst aber auch für dein nett sein geschätzt?

Selbstverständlich, aber nur von den ebenfalls authentisch Netten. Mhm, was macht man nun mit diesen Informationen? Hier mein Tipp:

  1. Dosiere deine Nettigkeit und lass dich nicht vor jeden Arbeitskarren spannen. Denn weitere Nachteile folgen auf dem Fuße. Du wirst für alle ungeliebten Aufgaben irgendwann automatisch auserkoren und schon gar nicht mehr gefragt. Man geht einfach davon aus, dass du dich gerne für alles hergibst, denn bei dir läuft das ja wie von selbst und ist schnell gemacht.  So erfährst du aber keine Würdigung und Achtung deiner Fähigkeiten, sondern wirst zum Mädchen oder Burschen für alles deklassiert.
  2. Sag nicht mehr zu allem JA, denn dann ist dein JA bald nichts mehr wert. Sag nur ja, wenn es für dich stimmt und dir dein Handeln als sinnvoll erscheint und das Gegenüber es von Herzen verdient hat. Achte hierbei auf ein Gleichgewicht.
  3. Gib den anderen eine Chance, auf Augenhöhe mit dir zu ziehen und sich einzubringen, damit ein Ausgleich geschaffen werden kann, sprich, sich alle gleich viel wert fühlen können. Damit rutschst auch du nicht in den Tiefstatus und wirst ganz selbstverständlich respektiert und geachtet mit deiner Meinung und Abgrenzung.
  4. Achte auf eine entschiedene und klar Sprache ohne Konjunktive oder vielleicht bzw. eigentlich. Sag nicht „Eigentlich habe ich keine Zeit“ SONDERN „Ich habe keine Zeit“ ODER „Nein, diesmal sind andere dran.“ ODER „Das kommt nicht in Frage.“ Unberechtigte Anliegen oder Wünsche anderer werden dir so gar nicht erst angetragen, sondern du und deine Position werden respektiert und ernst genommen, ohne Diskussion.
  5. Und zu guter Letzt: Achte auf deine Gestik und Mimik. Denn mehr als die Hälfte unserer Botschaft wird durch diese statt durch  Worte transportiert. Wenn du ein NEIN kommunizierst, musst du nicht lächeln, sondern es reicht, mit einem neutralen Gesicht Entschiedenheit auszudrücken. Deine Doppelbotschaften sorgen ansonsten dafür, dass man dich doch noch überzeugen oder umstimmen will, dich als unentschieden wahrnimmt und manipuliert. Deine Körpersprache darf deine Worte unterstreichen. Das ist sogar hilfreich, um ernst genommen zu werden.

Fazit

Tritt bestimmt gegenüber jenen auf, die auch dir bestimmt gegenübertreten. Sei nur nett zu den Netten, hilfsbereit zu den Hilfsbereiten, die so wie du Augenhöhe und nicht Konkurrenz anstreben.

Du kannst nicht NEIN sagen?

Dann ist es höchste Zeit, es zu lernen und auch zu meinen, wo es für dich richtig ist. Wenn deine Prägungen aus Erziehung und Kindheit allerdings dem komplett zuwider laufen, dann brauchst du evtl. Unterstützung. Wenn dich jedes entschiedene Auftreten deinerseits in Zwickmühlen, schlechtes Gewissen oder andere belastende Gedanken und Gefühle dir selbst gegenüber befördert, solltest du dir helfen lassen. Eigene eingemachte Muster zu durchbrechen ist für niemanden von uns einfach. Dabei kann dich Kinesiologie, Hypnose oder ein systemisches Coaching wirklich weiter bringen. Nicht immer braucht es hierfür eine teure und zeitverzehrende Therapie.